Wer unter Schnarchen und insbesondere unter Atemaussetzern (Schlaf-Apnoe) leidet, findet meist nicht bei einem Facharzt allein sinnvolle Unterstützung und Hilfe – darauf wies Schlafmedizinerin Dr. Samia Little Elk/Berlin bei einem Zahnärztekongress im Februar in Berlin hin. Als gute Anlaufstellen eigneten sich schlafmedizinisch ausgerichtete Zentren, da in solchen Einrichtungen zumeist Ärzte verschiedener Disziplinen mit Zahnärzten und auch Psychotherapeuten gemeinsam nach der jeweils richtigen Behandlung suchen. Ursachen für Schnarchen und Schlaf-Apnoe gebe es sehr viele, daher könne nicht ein Verfahren für alle Patienten zugleich den richtigen Ausweg bieten. Wenn beispielsweise eine Verengung der Luftwege durch im Schlaf erschlaffendes Gewebe im Rachen den Weg für ein- und ausgeatmete Luft behindere, könnten bei leichter bis mittelschwerer Schlaf-Apnoe sogenannte Protrusionsschienen für Abhilfe sorgen: Sie verhindern, dass der entspannte Kiefer beim Schlaf Richtung Rachen rutscht und den Luftzufluss reduziert. Auch Anti-Knirsch-Schienen könnten die Schlafqualität bessern: Bruxismus (Knirschen oder Zähnepressen) ist nicht selten Ursache für Durchschlafstörungen. Niemand solle Schlafstörungen auf die leichte Schulter nehmen: Werde die sogenannte REM-Phase, die der seelischen Regeneration des Menschen diene, immer wieder unterbrochen, könnten Depressionen die Folge sein. Zahnärztliche Verfahren könnten dazu beitragen, diese Entwicklung zu verhindern.
Wiewohl international anerkannte wissenschaftliche Studien zu diesem Aspekt bisher nicht vorliegen, raten manche Zahnärzte zum sogenannten „Ölziehen" – ein Verfahren, das insbesondere ganzheitlich ausgerichtete Patienten schätzen. Seinen Ursprung hat das Verfahren in der ayurvedischen Heilkunde. Sehr gutes naturbelassenes Öl soll dabei morgens vor dem ersten Schluck Wasser, Kaffee oder gar dem Frühstück in den Mund genommen und rund 10 – 20 Minuten gekaut sowie über und zwischen die Zähne gezogen werden. Aufgrund seiner Konsistenz erreicht es auch schwerer zugängliche Partien im Mund und soll, so die Anhänger des Verfahrens, dank antibakterieller Wirkung zu einer Reduzierung ungesunder Bakterienkulturen führen. Nach der Anwendung soll das inzwischen mit Speichel vermischte Öl nicht geschluckt, sondern in ein Papiertuch ausgespuckt und im Hausmüll entsorgt werden. Bisher sind lediglich in Indien, Ursprungsland des Verfahrens, Studien dazu durchgeführt und beispielsweise im Journal of Indian Society of Pedodontics and Preventive Dentistry veröffentlicht worden. Zahnärzte hierzulande beobachten, zeigte eine Umfrage vor wenigen Wochen, zumindest keine schädlichen Folgen und sehen nicht selten sogar positive Effekte für die Mundgesundheit – als begleitende Maßnahme, nicht als Ersatz für eine medizinische Therapie. Ölziehen soll sich zudem positiv auf die Mundschleimhaut an der Implantat-Stelle auswirken und eine leichte antimikrobielle Wirkung entfalten.
Anders als die natürlichen Zähne federt implantatgetragener Zahnersatz den Kaudruck schlechter ab: Selbst ein gut eingewachsenes Implantat kann durch ständige Überlastung daher gelockert werden und verloren gehen. Solche Zusammenhänge sind für viele Patienten gut nachvollziehbar – ebenso wie die Folgen von Stress auf die natürlichen Zähne: Durch Knirschen und Pressen können sie „abgerieben" werden. Schwer erkennbar und erklärbar ist es sowohl für Zahnärzte als auch für Patienten, wenn die Ursache für anhaltende Zahnschmerzen oder Kieferprobleme gar nicht im Mundbereich liegen, sondern in der Seele des Patienten. Wer sich großen Belastungen ausgeliefert fühlt, dessen Körper sucht zumeist ein Ventil für den übermäßigen Stress. Manche Patienten entwickeln chronische Magenprobleme, andere meinen, die Situation in Mund sei Ursache für ihr gestörtes Wohlbefinden. Wie Privatdozentin Dr. Anne Wolowski (Münster) bei einer Tagung für implantologisch arbeitende Zahnärzte kürzlich berichtete, wanderten solche Patienten oft von Arzt zu Arzt auf der Suche nach Hilfe und ließen, da ihre seelische Belastung meist nicht auf Anhieb erkennbar sei, ungünstigenfalls mehrfach Zähne ziehen, Implantate setzen, die Implantate wieder entfernen, weitere Zähne ziehen, erneut Implantate setzen und auch diese wieder ziehen. Wenn der Verdacht besteht, dass die eigentliche Ursache der Störung des Wohlbefindens nicht im Mund, sondern in der Seele liege, sei nur mit Hilfe eines erfahrenen Psychotherapeuten die Spannung aus dem Körper zu nehmen. Seien in der Zwischenzeit Zähne gezogen und Kiefergewebe zerstört worden, sei die Mundgesundheit nur mit großer Mühe wieder herzustellen. Invasive Eingriffe seien bei solchen Patienten möglichst zu verschieben.
Auf die Frage, ob man bei Patienten mit erheblicher Parodontitis ein Implantat setzen darf oder auf konventionelle Verfahren wie beispielsweise eine herausnehmbare Brücke ausweichen sollte, antwortete der isländische Zahnarzt und Wissenschaftler Prof. Dr. Bjarni E. Pjetursson (Reykjavik) kürzlich anlässlich eines Implantologie-Kongresses in Potsdam Mit einem „Jein": Es käme nicht zuletzt auf den Patienten an und auch auf die Ursachen und Hintergründe seiner Parodontitis. Lägen überwindbare Gründe für die Zahnbettentzündung vor, und sei eine systematische Parodontitis-Behandlung erfolgversprechend, spräche aus seiner Sicht nichts gegen ein Implantat in der entzündungsbefreiten Region. Kritischer sei es, wenn die Parodontitis zurückzuführen ist auf nicht ausreichende Mundhygiene – und der Patient zudem den Eindruck vermittelt, sich auch nach systematischer Behandlung seiner Zahnbettentzündung nicht intensiver um die Mundgesundheit zu kümmern. Ein Implantat in ein bakteriell infiziertes Gewebe zu setzen habe ein hohes Risiko für eine Periimplantitis, eine Entzündung des Gewebes rund um das Implantat. Insofern müsse der Kiefer nicht nur weitgehend entzündungsfrei sein, sondern auch entzündungsfrei bleiben, was deutliche Anforderungen an die Mundhygiene stelle. Das Risiko einer Infektion im Implantatbereich gelte auch für Patienten, die aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht zu einer wirklich guten Mundpflege fähig seien. In kritischen Fällen sei es für die Patienten besser, einen konventionellen und leicht zu reinigenden Zahnersatz zu erhalten.
Die Mundhöhle mit all ihren angrenzenden Strukturen ist Teil des Körpers und damit eines komplexen Organismus – und sie ist eine seiner wesentlichen Eintrittspforten. Das beschrieb Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, zu Jahresbeginn in einem Beitrag für eine Fachzeitschrift. Die Mundhöhle sei eine Körperregion, die wie kaum eine andere so empfindlich sei für Sinnesreize und so komplex motorisch gesteuert. Zwangsläufig ergäben sich daraus zahlreiche Interaktionen von Mundgesundheit und körperlicher Gesundheit. Parodontitis beispielsweise sei nicht nur eine der Folgeerkrankungen des Diabetes, sondern umgekehrt auch ein Risikofaktor für die Entstehung eines Diabetes, und sie beeinflusse auch dessen Therapie. Bakterielle Ursachen und die sich daraus entwickelnden entzündlichen Reaktionen brächten die Parodontitis in Verbindung mit Herzkreislauferkrankungen, Rheuma, Lungenerkrankungen und weiteren Gesundheitsstörungen. Auch psychosomatische Erkrankungen könnten sich im Zahn-, Mund- und Kieferbereich zeigen. Zahnärzte könnten bei Munduntersuchungen Zeichen für mögliche allgemeinmedizinische Erkrankungen erkennen und insofern den Patienten die Chance eröffnen, bei hinzugezogenen Fachärzten eine frühzeitige Behandlung zu beginnen.
Für viele ist diese Kombination noch Neuland: Was hat Kieferorthopädie mit Implantologie zu tun? Eine ganze Menge, wie Oberärztin Dr. Susanne Wriedt (Mainz) kürzlich bei einem implantologischen Fachkongress in Berlin darstellte. Beispielsweise könne mit kieferorthopädischen Verfahren eine zu enge Zahnlücke so verbreitert werden, dass ein Implantat ausreichend Kieferknochen und Weichgewebe vorfindet, um stabil einheilen zu können. In Fällen, wo es an ausreichend gesundem Kieferknochen fehlt, kann unter bestimmten Bedingungen ein kieferorthopädisches Vorgehen für mehr natürlichen eigenen Knochen sorgen. Falls ein Implantat in eine Zahnreihe eingesetzt werden muss, die selbst oder deren gegenüberliegende Zähne nicht in einem guten Kontakt stehen, können spezielle kieferorthopädische Apparaturen ein harmonisches Miteinander in der Kaufunktion ermöglichen. Aber auch umgekehrt profitieren beide zahnmedizinischen Fächer voneinander: Manches kieferorthopädische Ziel ist nur dann zu erreichen, wenn kleine Implantate als „Anker" für die Apparatur zur Zahnbewegung zur Verfügung stehen. Patienten sollten sich daher nicht wundern, wenn ihr implantologisch arbeitender Zahnarzt zu einer vorbereitenden kieferorthopädischen Behandlung rät: In bestimmten Fällen lassen sich dadurch chirurgische Begleit-Eingriffe sogar vermeiden.
Es gebe sehr viele Studien, die zeigten: Patienten in hohem und sehr hohem Lebensalter unterschätzten oft den Gesundheitszustand ihres Gebisses erheblich – darauf wies Prof. Dr. Bernd Wöstmann (Gießen) bei einem Implantologie-Kongress im Frühjahr in Berlin hin. Sie seien „zufrieden" mit teilweise zerstörter, von bakteriellem Zahnbelag massiv belasteter Prothetik. Während einige dieser alten Patienten auch – so eine Studie an seiner Klinik – bei einem Angebot für kostenlose Neuversorgung keinerlei Interesse zeigten, hatte die andere Hälfte der Befragten das Angebot gern angenommen. Auch eine Implantatversorgung konnten sich die Betagten vorstellen – für bessere Lebensqualität. Implantate verbesserten beispielsweise das Kauvermögen sowie das Sprechvermögen und erhöhten die Sicherheit, die „Dritten" nicht so leicht zu verlieren. Zwar hätte sich die Ernährung der alten Patienten bei neuer Prothetikversorgung nicht verbessert und die Patienten seien ihren „Ernährungssünden" treu geblieben – dennoch zeigten weitere Studien, dass bei einer Anzahl von mindestens 21 Zähnen die Chance auf einen BodyMassIndex/BMI im normalen Bereich bemerkenswert erhöht sei. Angehörige von älteren und alten Patienten sollten diese daher hinsichtlich besserer Prothetik beraten, nicht aber unter Druck setzen: Alte Menschen, zumal mit Anzeichen einer Demenz, kämen mit neuen Prothesen aus vielen unterschiedlichen Gründen oft nicht mehr gut zurecht. Wenn Betroffene dagegen aufgeschlossen sind für eine Änderung ihres Zahnersatzes, werde er meist auch gut angenommen.
Mundschleimhauterkrankungen gehören zu den Krankheitsbildern, bei denen mehr als früher auf geschlechterspezifische Unterschiede geachtet wird – darauf wies Privatdozentin Dr. Dr. Christiane Gleissner, Präsident der Fachgesellschaft „Gender Dentistry", in einem Fachgespräch mit Journalisten hin. Mundschleimhauterkrankungen seien häufig chronisch-entzündlicher Natur, sie könnten zudem im Mund sichtbare Symptome von Autoimmunerkrankungen sein. Von diesen seien Frauen häufiger betroffen. Sie hätten ein aktiveres und erfolgreicher arbeitendes, zudem langsamer alterndes Immunsystem als Männer. Dieser Unterschied habe gute und weniger gute Effekte für die Frauen: Einerseits hätten sie dadurch eine bessere Infektabwehr, andererseits aber auch ein erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen. Auch Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen seien bei Frauen häufiger als bei Männern. Aktuelle Studien aus China ließen geschlechterspezifische Aspekte auch bei genetischen Ursachen von Mundschleimhauterkrankungen erkennen. Die derzeit sehr aktive Forschung ermögliche, so die Hoffnung der Wissenschaftler, bessere Vorbeugung und Behandlung.