Dass Zahnärzte Knirschen und Zähnepressen als Risiko für die Zahn- und Mundgesundheit betrachten, ist nachvollziehbar: Nicht nur in Studien, sondern auch im Praxisalltag zeigen sich Folgen wie beispielsweise abgeschmirgelte Zähne und absplitternder Zahnschmelz sowie Zerstörungen an Keramik-Zahnersatz. Hinzu kommen mögliche Verspannungen im Kiefergelenk und Kopfbereich. Heute geht die Zahnmedizin aber auch davon aus, das betonte Dr. Diether Reusch jüngst bei einer Fachfortbildung, dass der Mund von der Natur als „Stress-Abbau-Organ" vorgesehen ist. Gegen die Natur könne eine Zahnarztpraxis nicht anarbeiten, und wenn der Mund davor geschützt werde, suche sich der Stress oft ein anderes Ventil. Zahnärzte seien also dazu aufgerufen, den Stress-Abbau im Mund zu akzeptieren und in die Behandlung der Patienten mit einzubeziehen. Moderne Verfahren und Produkte können die Patienten dabei unterstützen, dass sie beim Knirschen und Pressen ihre Zähne nicht verletzen. Zudem können Zahnbelastungstests im Vorfeld darstellen, welche Zähne dem Stress-Abbau besonders ausgesetzt sind. Hier können – je nach Situation – Zahnanpassungen wie Aufbauten oder abschleifen die Knirscher-Folgen mildern, oft auch mit guten Effekten für das mitbeteiligte Kiefergelenk. Bildquelle: iStock
Die Zähne im Mund haben verschiedene Aufgaben: Während die Schneidezähne, wie ihr Name schon besagt, für das Abbeißen zuständig sind, kümmern sich die Mahl- oder Kauzähne im Backenzahnbereich um die Zerkleinerung der Nahrung. Dabei spielen die Höcker der Backenzähne die Hauptrolle: Der Kiefer bewegt sich hin und her, dabei zermalmen die Höcker, die gegeneinander geführt werden, die Nahrung zu besser verdaulichem Brei, der, angereichert mit Speichel, dann gut geschluckt werden kann. Zahnärzte der Universität Heidelberg haben in einer Studie untersucht, wie sich Veränderungen der Zahnhöcker auf die Kaufähigkeit auswirken. Auf der einen Seite standen abgenutzte Zähne, die durch Knirschen und Pressen ihre Höcker verloren hatten und fast plangeschliffen waren. Auf der anderen Seite standen Zähne mit natürlicher Höcker-Gestaltung und solche, bei denen die Höcker bewusst stärker gestaltet wurden. Im Ergebnis wurde deutlich, dass die plangeschliffenen Zähne die Nahrung deutlich schlechter zerkleinerten, aber auch die übergroß angelegten Höcker machten Probleme: Sie sorgten zwar wie die natürlichen Zahnreliefs für guten Nahrungsbrei, führten aber auch durch die erschwerte Zusammenarbeit der gegenüber liegenden größeren Zahnhöcker zu Verspannungen der Kiefergelenke und erhöhten das Risiko für Kopfschmerzen. Bildquelle: iStock
Gesundheitsbewusste Menschen schwören schon lange auf sogenannte Probiotika, Präparate mit lebenden nützlichen Bakterien, die einen gesundheitsförderlichen Effekt auf das Immunsystem haben sollen. Allerdings weisen Wissenschaftler darauf hin, dass für viele Wirkungen, die den Probiotika zugeschriebenen werden, der Wirknachweis fehlt. Eine Forschergruppe aus Valencia hat sich nun dem Thema mit Blick auf entzündliche Zahnfleischerkrankungen rund um das Implantat gewidmet. Sie stellten fest, dass probiotische Lactobacillus-Keime einen Schutzfilm gegen solche Bakterien bilden konnten, die für Entzündungen im Mundgewebe verantwortlich sind. Bei den Tests zeigte sich, dass aber nicht nur diejenigen Patienten, die bereits eine Zahnfleischentzündung rund um ein Implantat hatten, von den speziellen Probiotika profitierten, sondern auch die mit gesundem Gewebe – im Gegensatz zu der Placebo-Gruppe, die keine Probiotika erhielt. Die Bilanz der Forscher: In der Zahnmedizin haben Probiotika deutliches Potential nicht nur bei der Behandlung bestehender periimplantärer Entzündungen, sondern auch bei der Vorbeugung. Nun sollen weitere Studien mit einer großen Patientenzahl diese spannende Wirkung überprüfen. Bildquelle: iStock
Für Ästhetik gibt es spätestens seit der Antike und der Entwicklung des „Goldenen Schnitts" klare Regeln, sie enden in dem Ziel „Harmonie" und Gleichgewicht. Auch Zahnärzte arbeiten auf der Grundlage ästhetischer Leitlinien und zeigen, dass eine optische Harmonie oft auch mit einer harmonischen Funktion der Zähne verbunden ist: Zähne, die gerade stehen und zu ihrem Gegenüber passen, leisten besser ihre tägliche Arbeit und sie sehen auch besser aus. Allerdings gibt es auch unharmonisch stehende Zähne, deren Zusammenspiel gut funktioniert – bei einem allerdings oft störenden optischen Eindruck. „Schöne Zähne" ist heute bei immer mehr Patienten der Anlass, eine Zahnarztpraxis aufzusuchen. Was aber „schön" ist, das machte Dr. Hari Petros bei einer Zahnärztefortbildung kürzlich deutlich, liegt im Auge des Betrachters und kann zwischen Zahnarzt und Patient sehr differenzieren. Während entsprechend geschulte Zahnärzte die Gesamtharmonie und ein möglichst natürliches Erscheinungsbild als Zielvorstellung haben, reicht manchen Patienten bereits, wenn ihre Zähne „weißer" aussehen. Andererseits sehen manche Zahnärzte keinen Behandlungsbedarf, wenn die nicht perfekt stehenden Zähne störungsfrei zusammenarbeiten, dagegen möchte der Patient mehr „Ordnung". Dr. Petros rief daher dazu auf, im Vorfeld einer Behandlung, bei der auch ästhetische Ziele erreicht werden sollen, genau abzuklären, was Zahnarzt und Patient darunter verstehen und was, auch medizinisch, sinnvoll ist oder eher nicht. Bildquelle: iStock
Interessanter Gedanke, dem eine Forschergruppe nachging – und dessen Ergebnis sie im März in einer internationalen Fachzeitschrift veröffentlichte: Wie verändern sich die Hirnaktivität und die kognitiven Fähigkeiten eines (im Unterkiefer) zahnlosen Patienten, wenn er eine Vollprothese erhält bzw. eine auf zwei Implantaten gestützte Deckprothese? Die Unterschiede wurden vor allem an den Kaubewegungen und der Kauintensität ausgemacht. Dabei zeigte sich: Am aktivsten war das Gehirn bei der implantatgetragenen Lösung – aber nicht sofort, sondern die Verbesserung der Hirnleistung wuchs von mal zu mal langsam an. Ursache für die gesteigerte Hirnleistung waren auch nicht die Implantate, sondern die durch die Konstruktion erreichte deutlich verbesserte Kaufähigkeit. Die Forscher konnten damit ihre Vermutung belegen, dass eine zuverlässige Kaufunktion die mentale Gesundheit bei zahnlosen Patienten spürbar verbessern kann. Bildquelle: iStock
In den letzten Jahrtausenden wurde der Kiefer der Menschen immer schmaler, sagen Forscher, und viele Zahnärzte plädierten daher für die vorbeugende Entfernung der Weisheitszähne: Für alle 32 Zähne, die die Natur anlegt, sei der Kiefer oft zu schmal, was dazu führen kann, dass die Weisheitszähne in einer unnatürlichen Lage wachsen und die bestehenden Zahnreihen „bedrängen". Heute geht man differenzierter an dieses Thema heran – auch weil man weiß, dass der Zahnengstand, der durch die Entfernung der Weisheitszähne verhindert werden soll, sich oft unabhängig von diesen entwickelt, wie Prof. Dr. Ursula Hirschfelder, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie, kürzlich in einem Interview vermittelte. Anlass für das Behalten der Weisheitszähne sieht sie dann, wenn diese genügend Platz haben. Zahnärzte müssen abschätzen, empfiehlt Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner von der Universität Mainz, wie sich die Situation entwickelt: Was passiert, wenn die Weisheitszähne bleiben, und welche Komplikationen könnte es geben, wenn man sie vorsorglich entfernt? Weisheitszähne sollten nicht ohne gesicherten Grund gezogen werden – darin sind sich heute sowohl wissenschaftlich als auch ganzheitlich ausgerichtete Zahnärzte einig. Bildquelle: iStock
Patienten, die sich für metallfreien Zahnersatz interessieren, haben jetzt steigende Chancen, dass sie im Fall eines Implantat-Bedarfs ebenfalls metallfrei versorgt werden können. Während es in den zurückliegenden Jahren schön öfter Versuche mit Implantaten aus dem Titan-Alternativ-Werkstoff Keramik gab, ist die Entwicklung hier in den letzten Jahren deutlich vorangeschritten. Bei der zurückliegenden IDS, der Welt-Dental-Messe, haben auch renommierte Unternehmen ihre Keramik-Implantat-Innovationen vorgestellt. Diese „weißen Implantate" haben, so berichteten Anwender, durchaus gute Chancen, sich zu etablieren, auch wenn in mancherlei Hinsicht noch Verbesserungsbedarf gebe. Die Erfahrungen wurden insgesamt als gut bezeichnete. Dennoch warten vorsichtige Zahnärzte noch ab, da es für die noch jungen Entwicklungen naturgemäß noch keine Langzeit-Erfahrungen und –Studien gibt, die sie als Grundlage für den Einsatz am Patienten erwarten. Zudem sei noch nicht definiert, für welche Aufgabenstellungen und Bereiche im Mund die weißen Implantate volle Leistung bringen und gesichert eingesetzt werden können. Hier wird in der nächsten Zeit mit weiteren Erkenntnissen gerechnet, die auch dazu beitragen sollen, Patienten mit Metall-Aversion implantologisch versorgen zu können. Bildquelle: iStock
Bei anhaltender Überbelastung, beispielsweise durch Zähne pressen oder Knirschen, weichen natürliche Zähne oft in den Kiefer zurück, sie „intrudieren", wie es fachlich heißt. Implantate dagegen können nicht ausweichen, berichtete Dr. Markus Schlee im Mai dieses Jahres bei einer Zahnärztefortbildung in Westerburg. Die taktile Sensibilität unterscheide sich: Während der natürliche Zahn über „Sensoren" mit dem Gehirn verbunden ist und selbst haarfeine „Störer" zwischen den Zähnen signalisiert, fehlen bei künstlichen Zahnwurzeln, den Implantaten, diese Meldesysteme. Sie „spüren" Druck erst ab einer höheren Belastung – und können nicht in tiefere Kieferknochenschichten ausweichen. Bei Überlastung reagiert das umgebende Gewebe eher mit Abstoßung: Entzündungen und Knochenabbau sorgen dafür, dass das Implantat im ungünstigsten Fall keinen Halt mehr findet und verloren gehen kann. Dr. Schlee wies daher darauf hin, dass eine Verbindung von natürlichem Zahn und implantatgetragenem Zahn bei ungünstiger Ausgangslage schwierig werden könnte: In der Regel sei es sicherer, Implantate einzeln zu stellen und auch einzeln zu belasten als sie beispielsweise bei einer Brücke mit natürlichen Zähnen als „Pfeiler" fest zu verbinden. Eine solche Verbindung sei zwar auf den ersten Blick oft kostengünstiger, biologisch gesehen aber nicht sehr „schlau". Bildquelle: iStock