Es gibt Studien, die könnte man für überflüssig halten, weil eigentlich jeder weiß, was die Forscher herausgefunden haben, in diesem Fall: Loben hilft Kindern, sich gesund zu verhalten. Dennoch sind solche Untersuchungen nicht ohne Grund wertvoll – wie in diesem Fall einer Studie an der Yale-Universität in den USA zum Zahnputzverhalten von dreijährigen Kindern und wie sich das begleitende Reden der Eltern darauf auswirkt. Heraus kamen dabei Details, die zeigen, dass Reden und Lob sehr unterschiedlich wirken können. Beispielsweise putzten Kinder ihre Zähne deutlich länger und aufmerksamer, wenn sie einfach nur gelobt wurden für ihr Verhalten. Gab es „fachliche Hinweise" wie Aufforderungen, die Zahnbürste anders zu halten oder auch die Zahninnenflächen zu säubern, war Putzdauer und Putz-Intensität deutlich weniger ausgeprägt. Auf Zeit und Qualität des Zahnputzens hatten auch Faktoren wie Stress der Eltern, die Grundstimmung zwischen Eltern und Kind und auch der Müdigkeitsgrad des Kindes Einfluss – aber deutlich weniger als erwartet. Was den Wissenschaftlern aus Yale auch wichtig war: Sie wollten anhand dieses Beispiels auch testen, wie Kinder am besten Ausdauer lernen, etwas, was sie für ihr ganzes Leben benötigen. Dass dies am besten mit Aufmunterung und Lob erreichbar ist, bestärkt darin, dass das offensichtlich tatsächlich der richtige Weg ist.
Man könnte meinen, in der heutigen Zeit gibt es nichts mehr im Körper, über das nicht bereits endlos viele Fachartikel erschienen sind. Dennoch gibt es immer mal wieder Überraschungen. Vor wenigen Wochen beispielsweise, als ein Schweizer Forscherteam über einen kleinen Muskel im Kieferbereich berichtete, genauer: über eine muskuläre dritte und tief liegende weitere Ebene unter dem großen Masseter-Muskel, der beispielsweise die Kieferbewegungen steuert. Bislang war man von nur zwei Muskel-Schichten ausgegangen. Die neue Entdeckung erklärt die Abläufe bei Mundöffnung und Mundschließung, aber auch bei der Steuerung des Unterkiefers noch deutlicher als man dies bislang schon wusste. Eigentlich ist es allein dieser neu entdeckte eigenständige Muskel, der den Unterkiefer wieder nach oben, Richtung Ohr, zieht. Mit diesem nun fundiert belegtem Wissen ist nicht nur die Zahnmedizin um eine Erkenntnis reicher, sondern auch um das Verstehen von Problemen, wenn Menschen ihren Kiefer nicht ausreichend weit öffnen oder natürlich bewegen können. Der neue Muskel könnte also ein Weg werden, solche Störungen noch gezielter zu behandeln.
In einer wissenschaftlich ausgerichteten zahnmedizinischen Zeitschrift hat ein Fachbeitrag jüngst zusammengestellt, weshalb Speichel („Spucke") ein sowohl hochspannendes als auch wichtiges Thema ist. Manchen Menschen wird die wertvolle Rolle des Speichels erst bewusst, wenn sie vor großem Publikum eine Rede halten sollen und ihnen stressbedingt „die Spucke weg bleibt". Andere, zumal ältere Menschen erleben dieses unangenehme Gefühl dauerhaft, Mundtrockenheit ist aus verschiedenen Gründen bei vielen von ihnen ein Begleiter des Alterungsprozesses. Rund ein bis anderthalb Liter Speichel produziert ein gesunder Mensch täglich – ob mehr oder weniger, ist von Stress, Gerüchen, Gefühlen, Krankheiten oder Alltagsumständen abhängig. Bis auf 1 % besteht die „Spucke" vor allem aus Wasser – aber dieses eine Prozent hat es in sich: Verdauungsenzyme, Eiweißstoffe, Elektrolyte, immunologisch wirksame Stoffe. Neben der Befeuchtung des Mundes, was für Kauen und Schlucken notwendig ist, sorgt der Speichel für Infektionsschutz, er repariert oberflächliche Auflösungen des Zahnschmelzes und neutralisiert die Säure aus den Lebensmitteln. Dafür, dass es dem Speichel und seiner Produktion gut geht und der Mund nicht austrocknet, können Menschen selbst einiges beitragen: Ungünstig ist Atmen durch den offenen Mund, Schnarchen, zu wenig Trinken, zuviel Alkohol sowie Cannabis und anderes aus dem Bereich Rauschmittel. Aber auch eine Vielzahl an Medikamenten sowie eine Hormonumstellung wie in den Wechseljahren greifen in die gesunde Speichelproduktion ein. Hinnehmen sollte man solche Störungen nicht, denn sie können vielfältige Folgen nach sich ziehen – und Lösungen gibt es in den meisten Fällen auch: in der hauszahnärztlichen Praxis.
Unter dem Hashtag #ErnährungswendeAnpacken! haben sich mittlerweile mehr als 15 Organisationen und Fachverbände aus dem Bereich Gesundheit, Ernährung, Umwelt und Soziales zusammengeschlossen mit dem Ziel, bei der Bundesregierung das Einsetzen einer Arbeitsgruppe „Zukunftskommission Ernährung" zu erreichen. Mit dabei ist inzwischen auch die Bundeszahnärztekammer als Dachorganisation der Zahnärzteschaft in Deutschland, die sich bereits seit Jahrzehnten beispielsweise für Zuckerreduzierung in der Ernährung engagiert, vor dem Missbrauch von Babyfläschchen zum Dauernuckeln (zumal bei säurehaltigem Inhalt) warnt und den Zusammenhang von gesunder Ernährung und Mundgesundheit in vielfältigen Studien belegt hat. Am derzeitigen Ernährungssystem gebe es viel zu optimieren, so die Organisationsgemeinschaft, unsere Ernährung sei ebenso ungesund wie unsozial und zudem sowohl klima- als auch umweltschädlich.
Zu Jahresbeginn erinnerte eine große zahnärztliche Fachzeitschrift daran, dass sich der Weltzahnärzteverband FDI vor bereits vier Jahren für Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin ausgesprochen hatte – insbesondere mit dem Blick auf Technik und Produkte im Praxisalltag. Einige Schritte in die richtige Richtung sind bereits erfolgreich getan – andere müssten noch folgen. Beispielsweise habe sich schon in vielen Praxen der Verzicht auf Einwegmaterialien durchgesetzt. Auch konnte moderne Technik für einen geringeren Strom- und Wasserverbrauch sorgen. Ebenfalls auf gutem Weg: die Reduzierung des Einsatzes von Papier. Was eine aktuelle Studie aber auch zeigte: Rund zwei Drittel am CO2-Fußabdruck einer Zahnarztpraxis fällt nicht in der Praxis an, sondern durch den Pendelverkehr der Mitarbeiter zum und vom Arbeitsplatz. Nur ein Drittel betrifft den Praxisbetrieb selbst – davon zur Hälfe den Energieverbrauch und zur anderen Hälfe den Bereich Technik und Verbrauchsmaterialien. Für den letzten Punkt hat die Dentalindustrie in Deutschland mit der Bundeszahnärztekammer das Ziel „mehr Umweltfreundlichkeit" verabredet – bei Beibehaltung der Funktionssicherheit. Leichter erreichbar sind Einsparungen beispielsweise bei Verpackungsmaterialien und beim Reduzieren von Abfall. Auch lange Transportwege für Einmalprodukte belasteten die Umwelt. Wettbewerbe wie „die grüne Praxis" förderten die Entwicklung und unterstützten die Motivation.
Auch im Bereich des Mundes spielen Infektionen und entsprechende Therapeutika, die diese Entzündungen zurückdrängen sollen, eine Rolle. Einerseits werden solche Arzneimittel eingesetzt, um bereits bestehende Infektionen auch „von innen" zu behandeln. Andererseits werden in entsprechenden Fällen Antibiotika auch prophylaktisch gegeben, um bei anstehenden invasiveren Eingriffen in Kieferknochen und Gewebe Infektionen vorzubeugen und damit – nur beispielsweise – Patienten mit Herzklappen vor den durch den Blutkreislauf herumwandernden Keimen aus dem Mund zu schützen. Ein Vorgehen, das nachvollziehbar und sinnvoll erscheint – aber auch eines, das ebenso viele Chancen wie Risiken birgt: Die Anzahl resistenter Keime, auch im Bereich der mundtypischen Bakterien, wächst ständig. Wie eine aktuelle Studie einer weltweit arbeitenden Fachgesellschaft für Antibiotika-Resistenzen ergab, hätten allein im Jahr 2019 mehrere hunderttausend Todesfälle vermieden werden können, wenn man die Erkrankten hätte sachgerecht medikamentös therapieren können – was nicht möglich war, weil die entsprechenden Krankheitsverursacher resistent gegen Antibiotika waren. Insbesondere Lungenentzündungen werden immer kritischer, da hier besonders häufig resistente Keime vorzufinden sind. Die Aussichten der genannten Fachgesellschaft für die Zukunft sind eher dramatisch. Schon heute zeigen sich auch bei Infektionen im Zahngewebe (Parodont) erste resistente Bakteriengruppen. Die moderne Zahnmedizin empfiehlt entsprechend, vor Einsatz eines Antibiotikums, das nachweislich eine gute Wirkung hätte, abzuwägen, ob es nicht auch andere Wege zur Reduzierung der Keimbelastung gibt – weltweit müsse gemeinsam dafür gekämpft werden, den sehr gut wirkenden Antibiotika ihre Kraft zu erhalten und nicht durch zu große Verbreitung und sich dadurch entwickelnde Resistenzen zu nehmen.
Dass die Zahnärzteschaft immer wieder auf die Risiken hinweist, die sich durch die Mundgewebe-Infektion Parodontitis für die allgemeingesundheitliche Lage des Körpers ergeben, ist eher erwartbar – dass, wie jüngst, aber auch andere Fachgesellschaften die Parodontitis als Risikofaktor sehen und bewerten, beweist, dass die Zahnärzteschaft mit den Warnungen richtig liegt. Nachdem bereits in zurückliegenden Zeiten unter anderem weltweit renommierte kardiologische Verbände auf die kritischen Folgen für Herzinfektionen verwiesen hatten und Diabetes-Fachverbände dies für die „Zuckerkrankheit" ebenfalls bestätigten, hat nun auch die Deutsche Gesellschaft für Endoprothetik die Parodontitis in den Blickpunkt genommen. Hintergrund ist eine in Großbritannien jüngst erschienene Studie an rund 9500 Endoprothetik-Patienten: Diese hatte ergeben, dass Bakterien aus der Mundhöhle beispielsweise auch Bereiche mit einer „neuen Hüfte" oder einem „neuen Knie" infizieren können. Insofern ist nachvollziehbar, dass die Fachgesellschaft für Gelenkersatz-Medizin dazu aufruft, die sorgfältige Zahnpflege und regelmäßige Mundhygiene unbedingt ernst zu nehmen.
Schon kurz nach Auftreten der ersten Covid-Erkrankungen hatte sich gezeigt, dass der Mund als Eingangsbereich zum Körper eine besondere Rolle bei der Infektion mit dem Sars-Cov-2-Erreger spielt: Nicht nur fanden die Viren hier einen schnellen und direkten Zugang zu den Atemwegen, sondern die Zellen der Mundschleimhaut, aber auch Infektionsstellen rund um den Zahn trugen die Viren in viele verschiedene Bereiche des gesamten Körpers. Dass es sich bei Corona nicht vorrangig um eine Atemwegs-Infektion handelt, hat sich recht bald gezeigt: Betroffen und oft nachhaltig in ihrer Funktion gestört sind sehr viele verschiedene Bereiche und Strukturen im gesamten Körper. Inzwischen werden auch erste Beobachtungsstudien zum weiteren Verlauf und Verhalten der Viren im Körper – in Verbindung mit dem Mund – publiziert, und damit werden die Zusammenhänge sogar noch deutlicher. So hat sich beispielsweise bei mehreren Studien gezeigt, dass Menschen, die zu den Parodontitis-Patienten zählen, im Falle einer Covid-Erkrankung ein signifikant höheres Risiko für einen Verlauf mit Komplikationen haben als Patienten ohne diese chronisch-entzündliche Munderkrankung. Wie eine dieser Studien ergab, war der Anteil an Patienten in intensivmedizinischer Behandlung oder gar mit Beatmungsbedarf bei Parodontitis-Erkrankten sogar dreifach höher als bei den Patienten mit parodontal gesundem Gewebe. Ungünstigerweise zeigte sich zugleich, dass eine Covid-Infektion auch die bestehende Parodontitis weiter verschlimmerte.