Wenn im Schlaf die Atmung aussetzt – Ärzte sprechen von Schlaf-Apnoe – führen solche Atemstillstände nicht nur zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche und langfristig zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sondern erhöhen auch das Risiko von Zahnbettentzündungen (Parodontitis). In einer Studie untersuchten Wissenschaftler die Mundgesundheit von Patienten mit und ohne Schlaf-Apnoe. Resultat: Patienten mit nächtlichen Atemstörungen litten häufiger an Parodontitis. Außerdem waren bei ihnen bestimmte Botenstoffe erhöht, die bei Zahnbettentzündungen eine Rolle spielen. Wahrscheinlich verursachen die Atemstörungen Mundtrockenheit, die wiederum die Besiedlung des Mundes mit Bakterien fördert, die bei der Parodontitis eine Rolle spielen.
Bei einem Kongress für Kinderärzte und Kieferorthopäden im April in Frankfurt stellte Prof. Dr. Stefan Zimmer von der Universität Witten-Herdecke aktuelle Daten zur Mundgesundheit der Kinder vor. Grundlage war die kürzlich veröffentliche V. Deutsche Mundgesundheitsstudie. Sehr eindrucksvoll sei der Vergleich der Daten von heute mit denen von vor rund einhundert Jahren: Im Jahr 1904 hätten noch 97 % der Kinder an Karies gelitten. Heute hätten die meisten Kinder kariesfreie Zähne. Dass der Durchschnitt der Kariesanzahl bei Kindern dennoch nicht bei Null liege, hänge mit der weniger guten Mundgesundheitssituation bei Kindern aus sozial schwachen familiären Rahmenbedingungen zusammen. Kinder aus solchen Familien hätten aber nicht nur mehr kariös zerstörte Zähne, sondern auch deutlichen Behandlungsbedarf. Laut einer früheren Studie sei jedes zweite Kind, das hätte behandelt werden müssen, gar nicht zur Behandlung erschienen. Die Konsequenz seien bereits in jungen Jahren zerstörte oder gar verloren gegangene Milchzähne mit allen problematischen Folgen für das bleibende Gebiss. Auch bleibende Zähne bei Kindern und Jugendlichen seien oft schon deutlich geschädigt. In der Regel helfe es solchen Kindern und ihren Eltern nicht, sie zu Maßnahmen aufzufordern, da sie diesen selten folgten – sinnvoller sei dagegen beispielsweise die Anwendung von fluoridiertem Salz in der Küche der Familie, was wenigstens ein wenig zur Verbesserung des Zahnschmelzschutzes beitrage.
Eine spannende Studie an der Universität Bonn hatte vor einigen Monaten zu Erstaunen nicht nur in der Fachwelt geführt: Demnach weisen entsprechend veranlagte Menschen zwar allergische Reaktionen auf nickelhaltige kieferorthopädische Apparaturen auf – diese seien für den Körper aber eher eine „Immunisierung" als eine Belastung. Der Mundraum reagiere, so PD Dr. Lina Gölz von der Universität Bonn bei einem Fachkongress, anders auf den Kontakt mit dem Metall als die Haut des Menschen. Die sehr minimale Abgabe von Nickelstoffen im Mund habe dazu geführt, dass Nickel-Allergiker bei einem späteren Kontakt mit Nickel (Jeansknopf, Modeschmuck, Piercings...) deutlich weniger allergische Reaktionen zeigten als Menschen ohne die „Immunisierung" durch die zuvor getragene Zahnspange. Die Apparatur habe gewisserweise einen Effekt wie eine „Impfung" gegen Nickelallergie. Bei einer Pressekonferenz einige Wochen später antwortete DGI-Präsident Prof. Dr. Frank Schwarz auf die Frage, ob es auch bei Titan-Implantaten einen ähnlichen Effekt einer Art „Immunisierung" gebe, dies sei in der Tat in etwa vergleichbar.
Die vielfach in den Medien dargestellte MIH (Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation) ist ein großes Thema in der Kinderzahnheilkunde: Die Ursachen, warum Kinder solchen wie aufgelöst erscheinenden Zahnschmelz an Milchzähnen im Kaubereich (Molaren) oder in der Front (Inzisive) zeigen, sind nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Dr. Christian Kirschneck vom Universitätsklinikum Regensburg berichtete seinen Kolleginnen und Kollegen bei einem Fachkongress in Frankfurt vor einigen Wochen über den aktuellen Wissenstand nicht nur zu den Ursachen, sondern auch zu den Möglichkeiten, den Kindern mit solchen Schäden durch eine Behandlung zu helfen. Dem Medien würde man zwar entnehmen, dass es sich um eine neue Erkrankung handle – dem sei aber keineswegs so. Diese besondere Form von Schmelzschäden sei nur früher nicht als eigenständige Erkrankung gesehen und bezeichnet worden. Die MIH sei in drei Schweregrade eingeteilt: Bei manchen Kindern werde Kauen und Leben von den Schäden kaum beeinträchtigt, andere müssten in engen Abständen in der Praxis kontrolliert und mit hochintensiver Fluoridapplikation behandelt werden, um die weitere Zerstörung des Zahnes aufzuhalten. Bei manchen anderen Kindern sei der betreffende Zahn so stark angegriffen, dass eine Entfernung des restlichen Zahnes Sinn macht: Da die Zahnlücke für das gesunde Nachwachsen des bleibenden Zahnes benötigt wird, muss sie kindgerecht versorgt werden, beispielsweise mit einer „Kinder-Krone". Es kann aber auch Sinn machen, und dieser Weg sei oft nachhaltiger, so der Referent, die Lücke mit einer kieferorthopädischen Behandlung zu schließen. In beiden Fällen ist ein auf die Zukunft und das Wachstum des Kindes ausgelegtes Gesamt-Behandlungs-Konzept notwendig, dass sowohl kinderzahnärztliche als auch kieferorthopädische Expertise benötige. Je früher die MIH-Entwicklung erkannt werde, umso größer sei die Chance, ein gesundes Gebiss zu erhalten.
Es gibt viele Gründe, warum das Zahnfleisch im Laufe der Lebensjahre zurückweicht und, was diese Entwicklung so problematisch macht, den schmerzempfindlichen Zahnhals freilegt. Beispielsweise kann dies Folge von falschem und zu kraftvollem Putzverhalten sein. Oder der Patient presst seine Zähne beispielsweise beim Schlafen zu kraftvoll aufeinander, dann weicht das Zahnfleisch vor diesem Stress zurück. Es gibt viele weitere Ursachen, die der Zahnarzt bei der Untersuchung des Zahnzustandes erkennen wird, er ist also auch die beste Quelle, um nach den persönlichen Gründen für die freiliegenden Zahnhälse zu fragen. Wenn es aber darum geht, diese zu behandeln, kann zusätzliche Expertise notwendig sein. Hier sind parodontologisch erfahrene Zahnärzte ebenso gefragt wie Fachzahnärzte für Kieferorthopädie oder auch solche mit besonderer Kenntnis rund um die Chirurgie im Mundraum, sagte Professor Dr. Philipp Mayer-Marcotty von der Universität Göttingen kürzlich bei einem Kongress zur Erwachsenenbehandlung. Manchmal mache es Sinn, schief stehende Zähne erst einmal kieferorthopädisch aufzurichten, um sie wieder gerade ins Zahnbett zu stellen. Da das verloren gegangene Zahnfleisch in der Regel nicht oder nicht komplett wieder zurückkommt, kommen kleinere chirurgische Eingriffe in Betracht, die Gewebe aus anderen Mundbereichen an die Stelle des verloren gegangenen Zahnhals-Schutzes einsetzen. Es sei gut, dass die moderne Zahnmedizin über eine Vielzahl an Verfahren verfüge, aber auch eine Vielzahl an Experten, die sich jeweils besonders mit der einen oder anderen Vorgehensweise auskennen.
Der Blick auf die Patienten und ihre individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse spielt auch in der Zahnmedizin eine steigende Rolle. Nicht nur das Alter der Patienten und ihre Vorerkrankung, auch das Geschlecht wird immer öfter beachtet, wenn es um Prävention und Therapie geht. Bei einem großen zahnärztlichen Fachkongress in Ludwigsburg in diesem Sommer wurde deutlich, dass Männer und Frauen, aber auch multimorbide alte Patienten nicht zuletzt hinsichtlich der Vorbeugung von Zahn- und Munderkrankungen unterschiedliche Bedarfe haben: Die Prophylaxe müsse heute individueller und ganzheitlicher auf den jeweiligen Patienten ausgerichtet werden, sagte Prof. Dr. Johannes Einwag/Stuttgart. In der Zahnmedizin bestehe noch Entwicklungsbedarf, was die entsprechenden Erkenntnisse für die individualisierte Versorgung der Patienten erfordern. Zudem gebe es Schulungsbedarf für die Zahnärzte und das Praxisteam, um den bereits bekannten individuellen Voraussetzungen der Patienten noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Hier sei auch die Wissenschaft gefordert, die bestehenden Erkenntnisse mit Fakten und Empfehlungen zu untermauern.
Auch im Vorfeld einer Implantatversorgung kann eine kieferorthopädische Behandlung sinnvoll sein: Unter anderem ist es möglich, die notwendige Zahnlücke so zu erweitern, dass ein Implantat den notwendigen Platz findet, um in ausreichend Knochen gut einzuheilen. Die Kieferorthopädie arbeitet mit der Biologie: Durch gezielte Krafteinwirkung werden die Knochenzellen im Kiefer an der einen Stelle abgebaut und an anderer Stelle neu aufgebaut – so kann sich eine Zahnlücke dem Bedarf anpassen. Mit sichtbaren festsitzenden Apparaturen wie Brackets muss heute aber kein Erwachsener mehr in den Spiegel schauen, es gibt längst etablierte „unsichtbare" Verfahren wie beispielsweise Lingual-Brackets. Diese werden an den Zahninnenseiten angebracht und erwiesen sich in entsprechenden Tests zudem als weniger zahnschmelzbelastend als bei Klebung auf der Zahnfront. Bisher galt die Behandlung als medizinisch nicht notwendig und führte zu Problemen bei der Erstattung der Behandlungskosten. Das hat sich vor wenigen Wochen geändert: Laut Fachzeitschrift „kn-aktuell" hat die Behandlung mit Lingual-Brackets medizinische Vorteile, die gerichtlich bestätigt wurden; so bestehe berechtigte Hoffnung auf künftige Kostenübernahme durch die private Krankenversicherung.
Aktuelle Untersuchungen belegen, dass aufgrund verbesserter Mundhygiene und einer intensiven zahnärztlichen Prophylaxe dazu geführt hat, dass mit zunehmendem Alter mehr Zähne aufgrund von Zahnbettentzündungen (Parodontitis) als wegen Karies verloren gehen. Es bestehen darüber hinaus Beziehungen zwischen Parodontitis und dem Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Eine gründliche häusliche Mundhygiene – einschließlich der Reinigung der Zahnzwischenräume – spielt darum eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, eine Parodontitis zu verhüten. Auch die professionelle Zahnreinigung (PZR) kann – dem individuellen Risiko angepasst – einer Entzündung des Zahnhalteapparates vorbeugen. Wenn Patientinnen oder Patienten an einer Parodontitis leiden, is die PZR in Verbindung mit einer unterstützenden Parodontitis-Therapie für den Langzeiterfolg der Behandlung von entscheidender Wichtigkeit.