Viele Studien untermauern die Erfahrungen in der Praxis: Wenn ein Patient starker Raucher ist (mehr als beispielsweise 15 Zigaretten pro Tag), ist das Risiko, dass ein geplantes Implantat nicht gesund einheilt oder gar wieder heraus fällt, deutlich erhöht. Rauchen ist nicht nur schädlich für Herz und Lunge, sondern auch für die Gefäße. Raucher haben ein erhöhtes Risiko für eine Parodontitis (Zahnbettentzündung), und sie heilt zugleich bei sorgfältiger systematischer Parodontitis-Behandlung auch schlechter ab. Grund dafür: Die Wundheilung ist deutlich reduziert. Wie Prof. Dr. Bjarni E. Pjetursson (Reykjavic, Island) bei einem Fachkongress im März dieses Jahres berichtete, können „einfache Implantationen" dennoch erfolgreich sein – wenn die Patienten das Rauchen einstellen oder drastisch reduzieren. Größere Risiken sah er bei sogenannten Augmentationen, das heißt, bei Verfahren, die mit Hilfe von Knochenersatzmaterial für eine ausreichende Knochenmenge sorgen, um dem Implantat einen festen Stand zu geben: Das Misserfolgsrisiko sei bei Rauchern deutlich höher als bei Nichtrauchern. Auch nach der Implantation sollte man nicht wieder in das alte Rauchverhalten zurückfallen: Gemäß einer Studie an der Universität von Manchester (Großbritannien) verlieren starke Raucher, die nach der Implantation weiter rauchen, doppelt so oft ein Implantat wie Nichtraucher. Dennoch sind Implantate bei Rauchern nicht unmöglich: Zusammen mit dem Patienten, so Pjetursson, könne man heute für fast jede Herausforderung eine Lösung finden.
Im Mundinneren, genauer: an der Mundschleimhaut kann es zu vielen verschiedenen Störungen und Krankheiten kommen. Sie sind oft auf den ersten Blick nicht leicht zu erkennen. Was Laien für eine „Zahnfleischentzündung" (Gingivitis, sehr verbreitet) halten, könnte insofern auch eine „Stomatitis" (seltener) sein. Die Stomatitis, die fast immer größere Bereiche des Mundes und des Gaumens betrifft, hat ebenso wie die Gingivitis, die eher rund um die Zähne auftritt, weitgehend die gleichen Ursachen, wie Prof. Dr. Nicole Arweiler/Marburg vor wenigen Wochen in einem Interview herausstellte: Bakterien, Pilze, Viren, aber auch Verletzungen oder Kontakt mit chemischen bzw. allergischen Schadstoffen. In den Symptomen dagegen unterscheiden sich beide Mundentzündungen deutlich: Während eine Gingivitis durch gerötete und bei Berührung oft blutende Schleimhaut zu erkennen ist, geht eine Stomatitis darüber hinaus meist einher mit allgemeinen Symptomen wie Fieber, Mundtrockenheit, erhöhtem Speichelfluss und manchmal auch Bläschen. Auch ein intensiver Mundgeruch ist möglich: Die Stomatitis wurde daher früher als „Mundfäule" bezeichnet. Bei Veränderungen an der Mundschleimhaut solle man in einer Zahnarztpraxis nach den Ursachen schauen lassen – schon allein, um einer ungünstigen Verschlimmerung Einhalt zu gebieten.
Ein interdisziplinäres Wissenschaftler-Team an der Charité hat die Biostruktur der Zahnsubstanz Dentin („Zahnbein") und deren innere Abläufe entschlüsselt. Ausgangspunkt für die Studie war die Beobachtung, dass – anders als Knochen – Dentin weder Risse noch Brüche wieder heilen oder notfalls reparieren kann. Dennoch muss es einen Schutz geben, der dafür sorgt, dass Schäden an diesem organischen Material gar nicht erst entstehen und wenn, dann begrenzt bleiben. Bei der Studie wurde deutlich, dass Nano-Strukturen diese Schutzfunktion übernehmen. Es hat sich gezeigt, dass mineralische Nanopartikel in ein dichtes Netz aus Kollagenfasern eingebettet sind. Werden diese Strukturen zusammengedrückt, werden die Mineralteilchen komprimiert. Dabei entstehen im Dentin Spannungen, die die Belastbarkeit der Biostruktur deutlich erhöhen. So ergibt sich ein gewisser Schutz für den Zahn gegen Risse oder Brüche. Das Wissen kann beispielsweise dazu beitragen, noch effizientere Dental-Keramiken zu entwickeln, die den starken Kräften, aber auch den Zahn-Zerstörungs-Risiken im Mund besser Widerstand leisten.
Seit einigen Jahren interessiert sich die zahnmedizinische Wissenschaft vermehrt für biologische Unterschiede in der Mundgesundheit von Männern und Frauen. Unter dem Begriff „Gender Dentistry" wird beispielsweise bei Karies oder auch Parodontitis erkundet, wer mehr betroffen ist – und warum. Entsprechende Antworten helfen mit, die Ursachen der Zahn- und Zahnbett-Erkrankungen noch besser zu verstehen und gezielter vorbeugen zu können. Privatdozentin Dr. Dr. Christiane Gleissner, Präsidentin der wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Gender Dentistry (GDI), die eng mit entsprechenden Organisation aus dem Bereich der Medizin kooperiert, wies in einem Fachzeitschrift-Interview kürzlich darauf hin, dass insbesondere Männer von der Gender-Forschung profitieren. Während Frauen zumeist mehr Aufmerksamkeit auf ihre Gesundheit richten, werden Risikofaktoren für Erkrankungen der Männer, auch im Mund, noch nicht ausreichend untersucht. Beispielsweise zeigten Daten der zurückliegenden Deutschen Mundgesundheitsstudien, dass Männer viel häufiger unter aggressiver Parodontitis leiden als Frauen. Dies auf weniger effektive Mundhygiene oder starkes Rauchen zurückzuführen greife zu kurz – womöglich sei die andere hormonelle Ausstattung mit ihrem Einfluss auf das Immunsystem eine noch genauer zu erkundende Verbindung. Gleissner sah einen erhöhten Forschungsbedarf und bedauerte die nach wie vor dünne Datenlage – dabei sei die Abfrage des Geschlechts bei wissenschaftlichen Studien ein ebenso einfacher wie sinnvoller Weg. Dies werde bisher noch zu oft einfach nicht bedacht.
Viele vor allem ältere Patienten erhalten zur Vorbeugung von Blutpropfbildung und dem damit einhergehenden Risiko von Schlaganfällen oder Herzinfarkten sogenannte Antikoagulantien: Diese Medikamente hemmen die Blutgerinnung und machen das Blut leichtflüssiger. Der ungünstige Nebeneffekt: Schon bei kleinen Verletzungen sind Blutungen meist nur schwer zu stillen. In der Zahnarztpraxis müssen daher Patienten, die solche Medikamente (Markenname beispielsweise Marcumar) einnehmen, auf eventuell gefäßverletztende Behandlungen besonders vorbereitet werden. Bisher bedeutete das, dass diese Patienten rund eine Woche vor dem geplanten kleineren oder einem größeren Eingriff wie beispielsweise einer Implantatbehandlung ihr Medikament absetzen mussten – was trotz weiterer Maßnahmen das mögliche Risiko für einen Schlaganfall in dieser Zeit nicht ganz ausschloss. Wie Prof. Dr. Georg Maschmeyer, Hämatologe an einer Klinik in Potsdam, kürzlich bei einem Zahnärzte-Fachkongress in Berlin berichtete, steht inzwischen eine neue Generation an Antikoagulantien zur Verfügung, die im Vorfeld eines operativen Eingriffs nicht mehr abgesetzt werden müssen. Bislang konnten sie sich in der Medizin noch nicht wirklich durchsetzen, weil ein „Gegenmittel" fehlte, um eine übermäßige Blutung zu stoppen. Solche Präparate stehen aber derzeit kurz vor der Zulassung, so dass es in naher Zukunft deutlich einfacher wird, auch Patienten, die Gerinnungshemmer nehmen müssen, in Zahnarztpraxen chirurgisch zu behandeln und beispielsweise mit Implantaten zu versorgen.
Wie eine Untersuchung an der Kyoto-Universität, Japan, zeigte, gibt es offenbar einen Zusammenhang von Karies bei Kindern und Passivrauchen. Waren die Kinder im Alter von vier Monaten rauchenden Eltern oder Betreuern ausgesetzt und damit „Passiv-Raucher", zeigten sie später ein rund doppelt so hohes Risiko, Karies zu entwickeln. Selbst wenn nicht ihr direktes Umfeld den Rauch verursachte, sondern sie ihn eher in anderen Situationen einatmen mussten, lag das Kariesrisiko noch 1,5mal höher als bei vergleichbaren Kindern ohne Rauch-Kontakt. Die Zusammenhänge ergaben sich nach spezieller Auswertung der Daten von rund 70.000 Kindern im Rahmen der in Japan üblichen frühkindlichen Routine-Untersuchungen. In dieser Studie ebenfalls befragt wurden die Mütter zum Thema Rauchen und auch zu Mundhygiene, so dass eine Verbindung entsprechender Daten möglich wurde. Zwar haben die Wissenschaftler keinen kausalen Zusammenhang belegen können, warum Passivrauchen zu erhöhtem Kariesrisiko bei Kindern zu führen scheint – sie plädieren aber dafür, sicherheitshalber auch aus mundgesundheitlicher Sicht Babys und Kleininder vor Passivrauch zu schützen.
Vieles spricht für eine Mitbeteiligung von Mund-Bakterien an der Erhöhung des Schlaganfall-Risikos: Das jedenfalls zeigen Untersuchungen von PD Dr. Frederick Palm von der Schlaganfall-Abteilung des Klinikums Ludwigshafen. Wie Bakterienanalysen ergaben, scheint der bei aggressiver Parodontitis und schwerer Gingivitis oft vorkommende Keim Aggregatibacter actinomycemcomitans (AA) für eine Risiko-Erhöhung mitverantwortlich zu sein. Das Wissenschaftler-Team hatte weitere typische Risikofaktoren für Schlaganfall bereits herausgerechnet, beispielsweise Alter, Geschlecht, Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder auch Rauchen. Die Ludwigshafener Mediziner-Gruppe ist aber nicht die einzige, die Verbindungen zwischen Parodontitis und Schlaganfall festgestellt hat: An der Universität von Helsinki, Finnland, haben Wissenschaftler-Teams bei Schlaganfallpatienten häufiger eine schwerere Parodontitis diagnostiziert und mehr Zahnverlust gesehen als in Vergleichsgruppen. Vermutlich steckt dahinter, dass chronische Infektionen, zu denen auch die Parodontitis gehört, eine Arteriosklerose und damit potentielle Vorstufe eines Schlaganfalls begünstigen können.
Babys, die gestillt werden, entwickeln seltener Zahnfehlstellungen, so eine Langzeitstudie der Universität Adelaide mit mehr als 1300 Kindern. Die Untersuchung ergab, dass diejenigen Kleinkinder, die ein viertel oder ein halbes Jahr gestillt wurden, ein erheblich niedriges Risiko hatten, eine Zahnfehlung in Form eines Überbisses zu entwickeln: Die Gefahr für eine solche Kieferfehlentwicklung war rund 30 % geringer als bei den nicht gestillten Kindern. Noch deutlich war der Mundgesundheitsgewinn bei der Vermeidung schief stehender Zähne insgesamt: Hier liegt das Risiko der gestillten Kinder sogar 40 % unter dem der nicht gestillten. Die Wissenschaftler vermuten, dass das Stillen eine Art „Muskeltraining" für den Mund darstellt und damit die gesunde Funktion der Kiefer und Mundmuskeln in von der Natur vorgesehener Entwicklung begünstigt. Im Vergleich zum Trinken aus der Flasche setzen Kinder, die gestillt werden, ihre Zunge und ihre Kiefer deutlich kräftiger ein. Stillen, so die Studie, ist demnach auch für die gesunde Entwicklung der Zähne und der Kiefer wichtig.