Seit einigen Jahren interessiert sich die zahnmedizinische Wissenschaft vermehrt für biologische Unterschiede in der Mundgesundheit von Männern und Frauen. Unter dem Begriff „Gender Dentistry" wird beispielsweise bei Karies oder auch Parodontitis erkundet, wer mehr betroffen ist – und warum. Entsprechende Antworten helfen mit, die Ursachen der Zahn- und Zahnbett-Erkrankungen noch besser zu verstehen und gezielter vorbeugen zu können. Privatdozentin Dr. Dr. Christiane Gleissner, Präsidentin der wissenschaftlichen Fachgesellschaft für Gender Dentistry (GDI), die eng mit entsprechenden Organisation aus dem Bereich der Medizin kooperiert, wies in einem Fachzeitschrift-Interview kürzlich darauf hin, dass insbesondere Männer von der Gender-Forschung profitieren. Während Frauen zumeist mehr Aufmerksamkeit auf ihre Gesundheit richten, werden Risikofaktoren für Erkrankungen der Männer, auch im Mund, noch nicht ausreichend untersucht. Beispielsweise zeigten Daten der zurückliegenden Deutschen Mundgesundheitsstudien, dass Männer viel häufiger unter aggressiver Parodontitis leiden als Frauen. Dies auf weniger effektive Mundhygiene oder starkes Rauchen zurückzuführen greife zu kurz – womöglich sei die andere hormonelle Ausstattung mit ihrem Einfluss auf das Immunsystem eine noch genauer zu erkundende Verbindung. Gleissner sah einen erhöhten Forschungsbedarf und bedauerte die nach wie vor dünne Datenlage – dabei sei die Abfrage des Geschlechts bei wissenschaftlichen Studien ein ebenso einfacher wie sinnvoller Weg. Dies werde bisher noch zu oft einfach nicht bedacht.
Viele vor allem ältere Patienten erhalten zur Vorbeugung von Blutpropfbildung und dem damit einhergehenden Risiko von Schlaganfällen oder Herzinfarkten sogenannte Antikoagulantien: Diese Medikamente hemmen die Blutgerinnung und machen das Blut leichtflüssiger. Der ungünstige Nebeneffekt: Schon bei kleinen Verletzungen sind Blutungen meist nur schwer zu stillen. In der Zahnarztpraxis müssen daher Patienten, die solche Medikamente (Markenname beispielsweise Marcumar) einnehmen, auf eventuell gefäßverletztende Behandlungen besonders vorbereitet werden. Bisher bedeutete das, dass diese Patienten rund eine Woche vor dem geplanten kleineren oder einem größeren Eingriff wie beispielsweise einer Implantatbehandlung ihr Medikament absetzen mussten – was trotz weiterer Maßnahmen das mögliche Risiko für einen Schlaganfall in dieser Zeit nicht ganz ausschloss. Wie Prof. Dr. Georg Maschmeyer, Hämatologe an einer Klinik in Potsdam, kürzlich bei einem Zahnärzte-Fachkongress in Berlin berichtete, steht inzwischen eine neue Generation an Antikoagulantien zur Verfügung, die im Vorfeld eines operativen Eingriffs nicht mehr abgesetzt werden müssen. Bislang konnten sie sich in der Medizin noch nicht wirklich durchsetzen, weil ein „Gegenmittel" fehlte, um eine übermäßige Blutung zu stoppen. Solche Präparate stehen aber derzeit kurz vor der Zulassung, so dass es in naher Zukunft deutlich einfacher wird, auch Patienten, die Gerinnungshemmer nehmen müssen, in Zahnarztpraxen chirurgisch zu behandeln und beispielsweise mit Implantaten zu versorgen.
Wie eine Untersuchung an der Kyoto-Universität, Japan, zeigte, gibt es offenbar einen Zusammenhang von Karies bei Kindern und Passivrauchen. Waren die Kinder im Alter von vier Monaten rauchenden Eltern oder Betreuern ausgesetzt und damit „Passiv-Raucher", zeigten sie später ein rund doppelt so hohes Risiko, Karies zu entwickeln. Selbst wenn nicht ihr direktes Umfeld den Rauch verursachte, sondern sie ihn eher in anderen Situationen einatmen mussten, lag das Kariesrisiko noch 1,5mal höher als bei vergleichbaren Kindern ohne Rauch-Kontakt. Die Zusammenhänge ergaben sich nach spezieller Auswertung der Daten von rund 70.000 Kindern im Rahmen der in Japan üblichen frühkindlichen Routine-Untersuchungen. In dieser Studie ebenfalls befragt wurden die Mütter zum Thema Rauchen und auch zu Mundhygiene, so dass eine Verbindung entsprechender Daten möglich wurde. Zwar haben die Wissenschaftler keinen kausalen Zusammenhang belegen können, warum Passivrauchen zu erhöhtem Kariesrisiko bei Kindern zu führen scheint – sie plädieren aber dafür, sicherheitshalber auch aus mundgesundheitlicher Sicht Babys und Kleininder vor Passivrauch zu schützen.
Vieles spricht für eine Mitbeteiligung von Mund-Bakterien an der Erhöhung des Schlaganfall-Risikos: Das jedenfalls zeigen Untersuchungen von PD Dr. Frederick Palm von der Schlaganfall-Abteilung des Klinikums Ludwigshafen. Wie Bakterienanalysen ergaben, scheint der bei aggressiver Parodontitis und schwerer Gingivitis oft vorkommende Keim Aggregatibacter actinomycemcomitans (AA) für eine Risiko-Erhöhung mitverantwortlich zu sein. Das Wissenschaftler-Team hatte weitere typische Risikofaktoren für Schlaganfall bereits herausgerechnet, beispielsweise Alter, Geschlecht, Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder auch Rauchen. Die Ludwigshafener Mediziner-Gruppe ist aber nicht die einzige, die Verbindungen zwischen Parodontitis und Schlaganfall festgestellt hat: An der Universität von Helsinki, Finnland, haben Wissenschaftler-Teams bei Schlaganfallpatienten häufiger eine schwerere Parodontitis diagnostiziert und mehr Zahnverlust gesehen als in Vergleichsgruppen. Vermutlich steckt dahinter, dass chronische Infektionen, zu denen auch die Parodontitis gehört, eine Arteriosklerose und damit potentielle Vorstufe eines Schlaganfalls begünstigen können.
Babys, die gestillt werden, entwickeln seltener Zahnfehlstellungen, so eine Langzeitstudie der Universität Adelaide mit mehr als 1300 Kindern. Die Untersuchung ergab, dass diejenigen Kleinkinder, die ein viertel oder ein halbes Jahr gestillt wurden, ein erheblich niedriges Risiko hatten, eine Zahnfehlung in Form eines Überbisses zu entwickeln: Die Gefahr für eine solche Kieferfehlentwicklung war rund 30 % geringer als bei den nicht gestillten Kindern. Noch deutlich war der Mundgesundheitsgewinn bei der Vermeidung schief stehender Zähne insgesamt: Hier liegt das Risiko der gestillten Kinder sogar 40 % unter dem der nicht gestillten. Die Wissenschaftler vermuten, dass das Stillen eine Art „Muskeltraining" für den Mund darstellt und damit die gesunde Funktion der Kiefer und Mundmuskeln in von der Natur vorgesehener Entwicklung begünstigt. Im Vergleich zum Trinken aus der Flasche setzen Kinder, die gestillt werden, ihre Zunge und ihre Kiefer deutlich kräftiger ein. Stillen, so die Studie, ist demnach auch für die gesunde Entwicklung der Zähne und der Kiefer wichtig.
Bei einem Fachkongress für Kollegen Anfang März in Berlin berichtete der schwedische Zahnarzt und Wissenschaftler Prof. Dr. Bertil Friberg (Göteborg) über die Vielfalt an Gründen, weshalb ein Implantat in den ersten Monaten verloren gehen kann. Einige solcher Risiken für Implantatverlust lägen auf Seiten der Patienten. So könnten beispielsweise anhaltende entzündliche Prozesse im Körper, vor allem im Mund, vorliegen, auch Rauchen oder Osteoporose beispielsweise erschwere die gesunde Einheilung. Nicht wenige chronische Erkrankungen, Gesundheitsstörungen oder auch die regelmäßige Medikamenteneinnahme könnten ebenfalls ein Risiko darstellen und müssen vor der Behandlung abgeklärt werden. Auch psychische Belastungen und entsprechende körperliche Symptome wie starkes Knirschen oder Zähnepressen gehören zu den möglichen Ursachen für Implantatverlust. Das bedeute nicht, dass man solche Patienten nicht erfolgreich implantologisch versorgen könne: Seien die Voraussetzungen nicht so ideal, müssten Patient und Zahnarzt im Vorfeld die Schritte abwägen, die die Implantatversorgung absicherten. Wenn Praxis und Patient gut zusammenarbeiten, sind die meisten Hürden gut zu überwinden. Auch wenn der Wunsch der Patienten nach einer Implantatlösung groß sei, so Friberg, sollten sich weder Zahnärzte noch Patienten auf Kompromisslösungen – aus medizinischen oder finanziellen Gründen – einlassen und notfalls eine konventionelle Versorgung erwägen: Kompromisse hätten ein deutliches Misserfolgsrisiko.
Fast jeder zweite Jugendliche im Alter von 16 Jahren hat bereits einen „Zahnunfall" erlitten – beim Toben, beim Sport oder Spiel, einem Sturz oder Zusammenstoß mit einem anderen Kind. Verletzungen reichen von abgeschlagenen Ecken, Rissen im Zahnschmelz bis hin zu Zahn- oder gar Kieferfrakturen. Zumeist trifft es die oberen Schneidezähne. Sie könnten durch individuellen Mundschutz geschützt werden – diese „Schienen" sind aber vielen Eltern gar nicht bekannt oder sie werden nicht genutzt. Ebenfalls unbekannt sind vielen die richtigen Schritte, um dem verunfallten Kind zu helfen und den Zahn eventuell noch zu retten: vorsichtig in den Mund schauen, bei stark blutender Wunde ein sauberes Stofftaschentuch fest auf die blutende Stelle drücken, möglichst von außen kühlen. Wackelnde Zähne soll man dabei in Ruhe lassen. Es lohnt sich, eventuell ausgeschlagene Zähne oder Zahnteile zu suchen – dabei darf die möglicherweise mitbetroffene Zahnwurzel nicht berührt werden. Die Fundstücke sollten in eine Zahnrettungsbox eingelegt werden, notfalls in kalte H-Milch oder Frischhaltefolie, dann sollte möglichst sofort eine Zahnarztpraxis oder Zahnklinik aufgesucht werden. Es sei eindrucksvoll, wie oft bei solchem Vorgehen der Zahn erhalten werden könne, sagte Prof. Dr. Andreas Philippi, Basel, kürzlich in einem Interview.
Die Verbrauchszahlen von Zahnseide und Zahnzwischenraumbürstchen belegen es: Bei der Pflege und Reinigung der Zahnzwischenräume besteht in Deutschland ein Nachholbedürfnis. Vor allem Zahnfleischerkrankungen beginnen bei Erwachsenen oft in den Räumen zwischen den Zähnen. Darum ist es wichtig, bei der Zahnpflege nicht nur die Zahnoberfläche, sondern auch die Zahnzwischenräume zu reinigen. Hier kommt die Zahnseide zum Einsatz. Werden die Zwischenräume mit zunehmendem Alter größer, sind Interdentalbürstchen besser geeignet. Die geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zahnarztpraxen geben bei einer professionellen Zahnreinigung Tipps, wie man die Bürstchen anwendet und welche Größe im Einzelfall sinnvoll ist.