Zu den vielen Zusammenhängen von Parodontitis (entzündliche Zahnbetterkrankung) und allgemeingesundheitlichen Problemen und Krankheiten gehören, wie neuere Studien zeigen, auch solche mit Demenz. Eine große Wissenschaftlergruppe hat zu diesem Thema weltweit systematisch medizinbezogene Datenbanken untersucht und entsprechende Studien ausgewertet. Die relevantesten davon machten deutlich, dass Menschen, die an einer Parodontitis leiden, auch mit einer erhöhten Einschränkung ihrer Denkleistung rechnen müssen. Weniger klar ist, warum und wie diese Situationen in Verbindung stehen. Insofern wird nun intensiv weiter dazu geforscht, ob die Bakterien aus der Zahnbettentzündung vielleicht direkt über den Blutkreislauf im Gehirn zu Störungen führen. Auch möglich ist, dass es eine indirekte Gehirnstörung gibt – über Zellen des Immunsystems, und hier kommen vor allem die Entzündungsmarker in Betracht. Aber auch ganz andere Zusammenhänge sind möglich. Es könnte beispielsweise eine eher praktische Ebene sein: Nimmt eine Demenz zu, fällt den Betroffenen Selbstfürsorge und hier auch Hygiene immer schwerer, was in der Konsequenz eine Parodontitis begünstigen kann. Insofern könnte eine Parodontitis auch schlicht Folge einer Demenzerkrankung sein – und nicht etwa der Auslöser. Was man schon heute tun muss, da ein grundsätzlicher Zusammenhang belegt ist: regelmäßig Mundgesundheitskontrollen durchführen zu lassen und auf sorgfältige Mundpflege zu achten. Beratung zu spezifischen Mundhygienehilfsmitteln und weiteren Möglichkeiten gibt es in der Zahnarztpraxis.
Warum wirken die Farben auf den blauen Schmetterlingsflügeln so eindrucksvoll, und was kann man von ihnen für die Entwicklung von Zahnfüllungswerkstoffen lernen? Besonders die Farbe Blau ist für die Farbwirkung relevant, das weiß man seit 1706 und der Entdeckung der Farbe Preußischblau. Das Faszinierende an dieser Farbe: Die Pigmente der meisten der in der Natur vorkommenden Blautöne können für Handwerk und Industrie nicht genutzt werden. In der Natur, aber auch für die Farbwirkung von Zahnmaterialien relevant ist: Ob man eine Farbe oder einen Farbton wahrnimmt, hängt von deren Wellenlänge ab und davon, ob sie von einem Objekt absorbiert oder wiedergespiegelt werden. Dies ist bei Dentalwerkstoffen wie Komposit-Füllmaterialien nicht anders: Was sieht man nachher, und was nicht – und warum passt eine Füllung farblich perfekt zur Zahnfarbe und zu den Nachbarzähnen? Und warum manchmal nicht? Welche Rolle spielt die Struktur und die Anordnung der Farbpigmente? Dies untersuchen Werkstoffwissenschaftler anhand des blauen Schmetterlings, wie eine dentale Fachzeitung kürzlich berichtete. Ziel sind Zahnfüllmaterialien, die mühelos den Farb-Wirkungs-Ansprüchen im Mund entsprechen. Wichtig dafür ist das perfekte Zusammenspiel aus chemischen (Farbpigmente) und physikalischen (Struktur) Faktoren. Erste entsprechend entwickelte Materialien sind bereits auf dem dentalen Markt.
Hundertjährige: Wie steht es um die Mundgesundheit? Wenn es um Studien zur Mundgesundheit der deutschen Bevölkerung geht, werden diese meist altersklassen-bezogen angelegt – wie beispielsweise die Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS) des Instituts der Deutschen Zahnärzte/IDZ. Dabei fiel eine Altersgruppe bisher letztlich unter „Sonstige", die nun immer mehr in den Fokus rückt: die Hundertjährigen. Auf diese Menschen richtet jetzt eine Wissenschaftlergruppe der Universität Heidelberg den gezielten Blick: Es wird erforscht, wie es um den Mundgesundheitszustand von Hochbetagten und (über) Hundertjährigen steht, welche Bedürfnisse an Maßnahmen und Produkten sie haben – und wie es ihnen gesamtgesundheitlich geht. Allgemeinerkrankungen und Bewegungseinschränkungen beispielsweise stehen oft in enger Verbindung zur Mundgesundheit. Begonnen haben die Vorarbeiten für diese Studie bereits im Jahr 2018, mit dem Datenbefund, dass fast zwei Drittel der Hundertjährigen in einem verhältnismäßig guten Allgemeinzustand sind und sie noch über eigene Zähne verfügen, so die Projektleiterin Dr. Caroline Sekundo. Spannend sei nun herauszufinden, ob es Wechselwirkungen zwischen den Gründen für das hohe Alter bei weitgehender Gesundheit und der Zusammensetzung der im Mund lebenden Bakteriengruppen gibt. Auch die Rolle von Umwelt und Lebensalltag, nicht zuletzt die Familie (auch hinsichtlich Vererbung von Genen und gelerntem Gesundheitsverhalten) stehen dabei im Blick.
Aus Patientensicht handelt es sich letztlich um einen Behandlungsfehler, wenn der eingesetzte Zahnersatz nicht auf Anhieb passt. Gerichte sehen dies oft anders: Vor einigen Wochen hat beispielsweise das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einem Fall-Urteil festgehalten, dass Anpassungsmaßnahmen kein Beleg für einen Behandlungsfehler sind. Im Streit zwischen Patient und Zahnarzt ging es um Anpassungsarbeiten an der eingesetzten prothetischen Versorgung. Während die Patientin Schmerzensgeld und weitere Kosten einforderte, konnte ein Sachverständigengutachten keinen Fehler beim Planungs- und Behandlungsablauf feststellen. Nachbesserungsarbeiten seien nicht ungewöhnlich und kein Zeichen für ein falsches Vorgehen, so die Richter in ihrem einstimmigen Urteil. Eingliederung von Zahnersatz sei „ein mehrstufiger Prozess", der unter Umständen Anpassungen erfordere, bei denen der Patient auch mitzuwirken habe. Den behandelnden Zahnärzten stehen rechtlich verschiedene Nachbesserungsleistungen zu – erst wenn objektiv die Prothetik nicht zumutbar ist, falle das Nachbesserungsrecht weg, wodurch aber noch nicht ein „Behandlungsfehler" eingetreten sei. Patienten müssten wissen, dass eine Nachbesserung nicht zwingend auf einen Behandlungsfehler hinweist und in der Regel hingenommen werden muss, so das Gericht.
Das Mikrobiom im Mund, also die Gesamtheit aller hier üblicherweise vorkommenden Keime, die bei Gesundheit in einem Gleichgewicht leben, unterstützt das Immunsystem auf vielfältige Weise und ist daher maßgeblich an der Gesundheit des Körpers beteiligt. Bei bestimmten Erkrankungen, zumal Entzündungen im Mund und im Körper, gerät es aus seiner natürlichen Kontrolle – die Keime können über das Blutsystem in Organe und Gehirn gelangen und dort zu Störungen und Entzündungen führen. Dass auch häufiger Cannabis-Konsum eine solche „Unordnung" im Mund-Mikrobiom hervorrufen kann, haben jüngst Forscher an der University of South Carolina festgestellt: Bei entsprechenden Mäuse-Versuchen zeigte sich, dass mehr schädliche Proteine im Gehirn abgelagert wurden in Bereichen, die in Verbindung stehen mit der Alzheimer-Erkrankung und dem Langzeit-Gedächtnis. Die im Cannabis enthaltenen psychoaktiven Stoffe (THC) und die nicht-psychoaktiven Stoffe (CBD) interagierten dabei unterschiedlich mit dem Gehirn. Letzterer Aspekt soll nun weiter erforscht und geklärt werden – und auch der Zusammenhang mit weiteren Erkrankungen. Ziel könnte die Entwicklung von Medikamenten sein, die Störungen der Gehirnfunktion bei Cannabis-Nutzern vermeiden oder behandeln helfen.
Weist eine Gesichtshälfte (selten sind beide Seiten betroffen) eine Lähmung oder Schwäche der mimischen Gesichtsmuskulatur auf, spricht man von einer Fazialisparese. Hierzulande erleben dies rund 25 von 100.000 Menschen pro Jahr. Hintergrund ist eine Funktionsstörung im Gehirn. Nicht betroffen ist in der Regel die Kaumuskulatur, die über einen anderen Nervenstrang (Trigemius-Nerv) gesteuert wird – für die Gesichtsmuskulatur zuständig ist der Facialis-Nerv. Wissenschaftler der Universität Jena haben sich kürzlich der Frage angenommen, ob diese Gesichtslähmung auch Auswirkungen auf die Mundgesundheit hat. Nicht nur wiesen entsprechend belastete Patienten eine schlechtere Mundgesundheit besonders auf der betroffenen Seite auf, sondern insgesamt war ein ungesunder Zustand von Zahnfleisch und Zähnen deutlich häufiger als bei gesunden Patienten zu finden. Sprechen, auch Trinken, Essen und die Fähigkeit zu sorgfältiger Mundhygiene sind oft erheblich eingeschränkt. Eine Fazialisparese kann beispielsweise nach einer Operation eintreten oder Folge einer Infektion sein. Während man davon ausgeht, dass bei vielen Betroffenen die Schwäche oder Lähmung nach einigen Wochen wieder vollständig abklingt, bleibt sie bei immerhin einem Drittel der Erkrankten zumindest teilweise anhaltend. Nicht zuletzt die mit dieser Störung oft einhergehende Veränderung der Speichelproduktion stellt ein erhebliches Mundgesundheitsrisiko dar. Die Jenaer Wissenschaftler empfehlen daher eine interdisziplinäre Herangehensweise zusammen mit Ärzten aus dem Bereich HNO und Augenheilkunde sowie zahnärztliche Empfehlungen für die tägliche herausfordernde Mundpflege.
Auch in der Zahnmedizin spielt die Nachhaltigkeit von Verfahren und Prozessen, aber auch beim Management von Organisationen eine immer größere Rolle. Während die Bundeszahnärztekammer bereits einen speziellen Praxisratgeber zum Thema aufgelegt hat und die Universität Freiburg eine Umfrage zur „grünen Praxis", weist nun auch eine der großen internationalen Arbeitsgemeinschaften aus dem Bereich Forschung und Entwicklung, das ITI/International Team for Implantology, auf solche Schritte und verantwortungsbewussten Einsatz von Ressourcen im eigenen Bereich hin. Soweit möglich, werden Flüge vermieden und anstelle der Anreise mit dem Auto die Bahn bevorzugt. Die Austragungsorte für Kongresse würden, so die ITI-Sprecher, nach dem Kriterium der Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ausgewählt. Auch nicht mehr üblich: ausgedruckte Unterlagen zu den Kongressen, da Papier einen hohen Ressourcenverbrauch benötige. Nicht zuletzt werden die Veranstaltungsorte und Kongresshotels danach ausgewählt, ob sie ein Nachhaltigkeitskonzept verfolgen, hieß es. Es gäbe in der Zahnheilkunde viele Bereiche, den CO2-Fußabdruck dieses medizinischen Fachgebietes zu reduzieren, so der Sprecher, und als Branche damit einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz zu leisten.
Ein weiteres Erkrankungsbild aus dem Bereich der Allgemeinmedizin rückt in den Spiegel der zahnärztlichen Wissenschaft und hier in den Zusammenhang mit Parodontitis: die entzündliche Darmerkrankung (CED). Zunehmend wird immer deutlicher, dass letztlich alle mit Entzündungen einhergehenden Erkrankungen oder solche, die über das Immunsystem entzündungsförderliche Folgen haben, in einer engen Beziehung zur Zahnbett-Entzündung, der Parodontitis, stehen. Aktuell hat ein Forscherteam den Zusammenhang intensiv aus beiden Blickrichtungen betrachtet: Ist das Risiko für CED-Patienten, eine Parodontitis zu entwickeln bzw. diese zu intensivieren, erhöht – und wie ist es im umgekehrten Fall? Ausgewertet wurden über 1700 Arbeiten zu dieser Frage. Als Ergebnis der groß angelegten Analyse zeigte sich, dass CED-Erkrankte – wie erwartet – ein sehr deutlich höheres Parodontitis-Risiko haben. Bei der umgekehrten Fragestellung gab es eine differenziertere Bilanz: Während Parodontitis-Patienten ein signifikant erhöhtes Risiko hatten, die CED-Erkrankung Colitis ulcerosa (Dickdarmentzündung) zu entwickeln oder zu verstärken, traf dies auf Morbus Crohn (eine spezielle Darmfunktionsstörung) nicht zu.